Eine SNCB 5204 im Montanverkehr?
Wie schon im Beitrag über Raritäten (Link zum Beitrag) erläutert, war ich schon lange ein Fan der NOHABs und ihrer belgischen Abkömmlinge, der Rundnasen. Daher hat auch das PIKO-Modell der SNCB 5204 den Weg auf meine Anlage gefunden. Ab Werk verfügt das Modell über vorzügliche Fahreigenschaften und macht sich gut vor einem Kokszug aus belgischen Zweiachsern. Daher sehe ich gerne darüber hinweg, daß diese Maschinen im Montanverkehr bis Aachen, aber nie bis ins Ruhrgebiet gekommen sind.
 
Diese Lokomotiven waren um 1980 in einem schlechten äußeren Zustand. Daher ist eine kräftige Patinierung des Modells sehr wichtig für eine überzeugende Wirkung. Hier beschreibe ich, wie ich dabei vorgegangen bin. So eine Arbeit ist bei mir immer mit einem gewissen Zufallsfaktor verbunden. Manche Schritte haben sich spontan am Basteltisch durch Versuch und Irrtum ergeben. Daher ist nicht jeder Vorgang mit einem Bild dokumentiert worden.
 
 Vorbildliches
Die folgenden Flickr-Bilder habe ich entsprechend den Vorgaben der Plattform eingebunden. Die Aufnahmen stammen nicht von mir und unterliegen daher nicht meinen Nutzungsbedingungen. Mit einen Klick auf die Bilder öffnet sich die entsprechende Flickr-Seite mit größeren Ansichten.
 
sncb_20010802_5204 copy         5204 + 5310 . SNCB . Bouvignes . 22.03.1985.         5209 à Ronet 09 05 1987 JB(vorige eeuw)
Sucht man nach Bildern der SNCB 5204, so findet man rasch Aufnahmen der Lok in einem teilrestaurierten Lokschuppen. Zunächst ein Bild vom Fotografen KK 50423, der Lok 5204 Anfang 2001 in der Nähe von Namur fotografierte. Michel Hanssens erwischte 5204 bereits 1985 bei Bouvignes, damals offensichtlich noch betriebsbereit. Die Schwesterlok 5209 wurde von Johny Brauns 1987 bei Ronet auf Platte gebannt.
 
Schaut man sich diese Bilder sowie weitere Fundstellen an, so lassen sich typische Verschmutzungen der Rundnasen erkennen:
  • Große Rostflächen auf dem Nasenrücken
  • Sehr verschmutze Frontschürzen
  • Korrosion zwischen Pufferbohle und Aufbau
  • Der Gehäusestreifen oberhalb des Lüfterband ist sehr verschmutzt und geht nahtlos ins Dach über
  • Die Seiten im unteren Drittel stark verstaubt
  • Der Dieseltank ist oft verkleckert
  • Die Achslager sind gut gefettet
Bei der Patinierung habe ich daher darauf geachtet, diese Merkmale im Modell zu berücksichtigen.
 
 Vorbereitung des Modells
Als Vorbereitung hatte ich einen Schwung Fotos der 5204 im Internet gesammelt und bei der Drogerie nebenan für kleines Geld in Farbe ausgedruckt. Sie wurden an der Rückwand des Bastelplatz in Sichtweite festgeklebt. Manchmal finde ich auch gute Bilder in Broschüren oder Büchern, die liegen dann auch in der Gegend herum. In diesem Fall war es die lesenswerte Broschüre "Type 204 - Reeks 54" von Thierry Nicolas, gefunden in einem Aachener Modellbahnladen.
 
Wenn ich etwas an den PIKO-Modellen nicht mag, dann sind es die verklebten Anbauteile, insbesondere die Fenster. Eine Demontage lasse ich lieber sein, statt dessen habe ich hier Liquid Mask von Vallejo verwendet, um die seitlichen Bullaugen sowie die Fenster zu maskieren. Mit einem Zahnstocher lässt sich das klebrige Zeug recht gut in die Fensterkonturen ziehen. Sehr hilfreich war dabei die extrem praktische Halterung, welche mir Modellbahner und Druckertalent Fabian B. aus B. überlassen hatte. So konnte ich das Gehäuse auch schräg positionieren, um die großen Frontscheiben zu maskieren.
 
  Basisarbeit Dach und Nase
Zunächst habe ich das ganze Gehäuse mit einer Schicht Mattlack versehen, hierzu verwende ich gerne Gunze oder Bergwerks, je nachdem, was gerade in Reichweite steht. Im Anschluss habe ich den gesamten Aufbau bis auf die Dachpartie mit Tamiya Maskierband und Tesa Malerband vom Typ Sensitive abgeklebt. Dann bekam das Dach lasierende Farbschichten in Grau und Rostbraun mit der Airbrush. Dazu habe ich Tamiya XF-63 Germany Grey und Rostfarben aus dem Set AK-551 Rust Effect Colors 1:1 mit Mattlack gemischt und etwas unregelmäßig aufgetragen.
 
Die Nasen erhielten eine erste Auslegung mit Rostfarbe aus dem Set. Dazu habe ich die Fensterpartie abgedeckt und mir eine kleine Schablone für die Nasenrundung aus Papier ausgeschnitten. Mit der Halterung konnte ich das Lokgehäuse schräg einspannen und hatte so eine optimale Arbeitsposition für die Spritzpistole. Dieser Schritt war schwierig, da ich freihändig die richtige Position für die Schablone und die Farbdosis finden musste und eine nachträgliche Korrektur kaum möglich gewesen wäre. In der Retrospektive würde ich statt Acrylfarbe lieber Enamel verwenden, da hier eine Korrektor mit Terpentin ohne Beschädigung des Werksanstrichs möglich wäre. Aber zum Glück hat ja alles geklappt.
 
Nach getaner Arbeit habe ich die Maskierbänder wieder entfernt und den seitlichen Bremsstaub mit Tamiya XF-57 Buff sowie einem der Rosttöne aus dem AK-Set aufgenebelt. Damit waren die wichtigsten Farbflächen vorhanden, das Ergebnis ist aber noch etwas steril.
 
 Pigmente und Ölfarbe
Um mehr Leben in die Patinierung zu bringen, arbeite ich gerne mit Enamel-Farben und -Washes, die man nach dem ersten Auftrag einfach mit einem in Terpentin angefeuchteten Pinsel korrigieren kann. Für diese Arbeiten verwende ich die Pinsel von Abteilung 502 oder von AK mit winklig angeordneten Borsten ("Angle Blender Brush"). Das Lüferband habe ich abgeklebt und mit verdünnter Revell-Enamelfarbe in schwarzbraun gespritzt. Anschließend habe ich das Ätzgitter mit dem Terpentinpinsel weitgehend gereinigt, der Hintergrund ist dabei dunkel geblieben.
 
Die Rostfläche an der Nase habe ich mit AK-083 Track Wash und dem etwas helleren Ammo 1204 Streaking Rust Effects nachgearbeitet. Auch hier handelt es sich um Enamel-Washes, die ich nach kurzem Antrocknen mit den Terpentinpinsel nachgearbeitet habe. Die Oberseite der Lampen und der Puffer sind ebenfalls bedacht worden. Im Anschluss habe ich den Farbauftrag mit Mattlack versiegelt.
 
Den Grünstreifen oberhalb des Lüfterbands habe ich mit der Airbrush und Acrylfarbe an die Dachfläche angeglichen. Nachdem die Farbe durchgetrocknet war, habe ich auch hier Enamel-Washes für ein paar Verläufe eingesetzt. An den Nasen habe ich Pigmente in verschiedenen Rosttönen aufgetragen, meist AK-043 Medium Rost, aber auch Pigmente aus dem Vallejo-Set VA3194 Rust & Corrosion. Besonders an der Kante zur Fensterfläche habe ich mit einem feinen Pinsel Pigmentpulver verteilt und im Anschluss mit Pigment Fixer angefeuchtet. Nach einer Stunde Trockenzeit habe ich die überschüssigen Pigmente mit einem weichen Pinsel entfernt. Bei der Gelegenheit habe ich dann mit einem Terpentinpinsel die seitlichen Ablaufspuren gezogen.
 
 Chassis und Interieur
Die Radsätze und Drehgestellblenden habe ich demontiert. Mit einem Kreisschneider habe ich mir aus einem Stück Fotopapier eine Schablone für die Lackierung der Radsätze angefertigt. Diese habe ich zunächst mit Vallejo Primer schwarz grundiert, anschließend mit brauner Acrylfarbe (Tamiya XF-52 Flat Earth) spritzlackiert und mit AK-083 Track Wash für ein paar Farbspiele gesorgt. Bei den Drehgestellen habe ich ebenfalls Vallejo Primer schwarz als Grundierung verwendet, aber anschließend alles mit XF-63 Panzergrau gespritzt. Anschließend folgte ein lasierender Auftrag mit einem 50:50-Mix aus XF-57 Buff und mattem Klarlack. Nach dem Trocknen haben die Radlager und andere Schmierstellen etwas AK-082 Engine Grime mit dem Pinsel erhalten. Auch hier habe ich den Enamel Wash mit einem Terpentinpinsel nachgearbeitet.
 
Das Metall-Chassis selbst einschließlich der Tankverkleidung und der Bodenaggregate aus Kunststoff haben erste Spuren von Bremsstaub mit Tamiya-Farben erhalten. Die Inneneinrichtung der Führerstände habe ich mit ein paar Farbtupfern und AK-093 Interior Wash belebt, außerdem durfte dort ein Lokführer Platz nehmen. Die Nachbildung des Maschinenraums habe ich ebenfalls mit AK-093 Interior Wash bearbeitet und wie immer im Anschluss mit dem Terpentinpinsel überflüssige Farbe entfernt.
 
 Finish
Das Gehäuse hat noch einen abschließenden Mattlack-Überzug bekommen, dann konnte ich die Maskierung der Fenster entfernen. Nach dem Zusammenbau von Gehäuse und Chassis wurde deutlich, daß der Übergang von der Pufferbohle zur Frontschürze noch nachgearbeitet werden musste. Hier habe ich vorsichtig zunächst mit dem Airbrush und den bisher verwendeten Staubtönen angeglichen. Anschließend wurde die Pufferbohle und die angrenzenden Bereiche mit etwas Rost-Pigment verfeinert. Und schließlich habe ich die Stirnleuchten mit einem Wattestäbchen und etwas Spiritus wieder gesäubert. Damit war die Patinierung abgeschlossen. Die Radsätze wurden gereinigt, die ebenfalls farblich behandelten Pufferteller angeklebt und 5204 konnte wieder dem Betrieb übergeben werden.
 
Hier die Materialliste - man braucht nicht alle Farben, meine Auswahl war spontan aus dem Bestand, der sich im Laufe der Zeit angesammelt hat:
  • Acyrlfarben von Tamiya: XF-10 Flat Brown, XF-52 Flat Earth, XF-57 Buff, XF-63 German Grey
  • Acrylfarben von AK, seinerzeit als Set: AK-706 Light Rust, AK-707 Medium Rust, AK-708 Dark Rust, AK-709 Old Rust (Set AK-551 Rust Effect Colors)
  • Enamelfarben: AK-082 Engine Grime, AK-084 Engine Oil
  • Enamel-Washes: Ammo 1204 Streaking Rust Effects, AK-083 Track Wash, AK-093 Wash for Interior
  • Pigmente: AK-043 Medium Rust, AK-048 Pigment Fixer sowie ein Vallejo-Set mit 108 Brown Iron Oxide, 117 Rust, 118 New Rust, 120 Old Rust (Set VA3194 Pigment Set Rust & Corrosion)
 
 5204 im Montanverkehr
Und nun ein kleiner Eindruck, wie sich 5204 dann im Montanverkehr macht. Sie bringt einen Zug mit Koks zu den Phoenix Hüttenwerken und kann sich gleich an die Abfahrt einer Knüppelladung machen. Ich habe lange überlegt, ob ich das Video mit dem PIKO-Werkssound aufnehmen soll. Aber einerseits finde ich das Motorengeräusch bei Streckenfahrt zu monoton und es übertönt das authentische Rollgeräusch der Wagen. Und zum anderen wollte ich mir die x-te Diskussion über den schlechten PIKO-Sound sparen. Also Aufnahme mit O-Ton, der an einigen Stellen so leise ist - die PIKO-Lok läuft wirklich sehr leise - daß man nur das Kamerarauschen hören kann. Eine O-Ton-Produktion ist nicht ohne: zwischendurch klingelte der DHL-Bote, einmal habe ich bei der freihändigen Aufnahme etwas umgestoßen und herzhaft geflucht, musste ich dann alles erneut aufnehmen. Musikfreunde haben aber jetzt die Wahl, einen Soundtrack nach ihrem Geschmack zu ergänzen, sei es Boogie-Woogie vom Grammophon oder chillige Lounge-Waves aus Spotify.
 
Zugschluß